Donnerstag, Oktober 30, 2025

Was braucht es, um dauerhaft glücklich zu sein? Bethel-Experte erklärt, warum das Zwischenmenschliche der ultimative Faktor ist – und wie Medien das Empfinden verzerren

Bielefeld (ots) –

Was braucht es, um dauerhaft glücklich zu sein? Und wie wichtig ist Glück überhaupt für ein erfülltes Leben im Gleichgewicht? Im Interview erklärt Univ.-Prof. Dr. Martin Driessen, Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Bielefeld-Bethel, warum das Zwischenmenschliche der ultimative Faktor ist – und wie Medien das Empfinden verzerren.

Herr Prof. Driessen, jeder Mensch strebt nach Glück. Was sagt die Psychologie zu dem Thema? Was ist eigentlich Glück?

Prof. Dr. Martin Driessen: Glück ist eine starke positive Emotion. Und was macht glücklich? Da muss man differenzieren zwischen Glücksmomenten und dem, was ich als Zufriedenheit bezeichnen würde. Glück – das sind ja tatsächlich nur Momente. Aber es ist ein starkes Gefühl, verbunden mit Wohlbefinden. Die Grundlage dafür findet sich in der Neurobiologie. Im Gehirn haben wir eine Art Belohnungssystem. Es wird angetriggert über bestimmte Botenstoffe wie Dopamin, die in Glücksmomenten stark ausgeschüttet werden.

Aber wie wichtig sind diese Glücksmomente für die psychische Gesundheit?

Driessen: Wichtiger als kurze und vergängliche Momente des Glücks ist der nachhaltige Zustand von Zufriedenheit. Und die Forschung zeigt eindeutig: Reichtum und materielle Dinge spielen eine viel geringere Rolle für die Zufriedenheit als zwischenmenschliche Beziehungen. Erfüllende menschliche Beziehungen, ob Freundschaften oder die Liebe zum Partner oder den Kindern, die sind es, die wirklich zufrieden machen und immer wieder Glücksmomente erzeugen.

Ist dieses ewige Streben nach maximalem Glück sinnvoll? Oder setzt man die Messlatte für sich zu hoch?

Driessen: Es ist zwar angemessen, Zufriedenheit anzustreben und auf dieser Basis Glücksmomente zu sammeln. Wir Menschen in den westlichen Kulturen meinen aber, wie müssten ständig glücklich sein. Das wird uns auch durch die Medien ganz stark suggeriert. Ständig sehen wir strahlende Menschen auf irgendwelchen Hochglanz-Covers, im Fernsehen oder auf Instagram, Menschen, die offensichtlich glücklich sind. Und dann sehe ich meinen eigenen Zustand, vergleiche und denke: Oh, ich bin ja gar nicht glücklich. Bei mir ist etwas defizitär. Das stimmt aber gar nicht. Über die Medien wird das falsche Bild suggeriert. Das ist nicht das normale Leben.

Kann man denn mit dem persönlichen Glücksempfinden auch komplett danebenliegen? Also, dass man das komplett falsch einschätzt und in die falsche Richtung läuft.

Driessen: Ja, auf jeden Fall. Zum Beispiel beim Gebrauch von Drogen oder Alkohol, da sucht man auch Glück und Glücksmomente. Man ist sich aber gleichzeitig bewusst, dass das gar kein echtes Glück ist, sondern dass einen das letztlich mittel- bis langfristig unglücklich macht. Und trotzdem mache ich das, weil ich vielleicht anderen Menschen nicht traue. Die Flasche ist immer verfügbar und zuverlässig, während Menschen viel unzuverlässiger sind – oder ich habe sie als unzuverlässiger erlebt.

Gibt es so etwas wie den kleinsten gemeinsamen Nenner in Sachen Glück, der für alle Menschen gilt, eine Art „Glücksformel“?

Driessen: Menschen sind ja grundsätzlich ähnlich gestrickt, egal in welcher Kultur sie leben. Auch hier gilt: Das Zwischenmenschliche ist der ultimative Faktor. Hier sammeln wir die meisten Glücksmomente.

Pressekontakt:
v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel
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Leitung Presse + Kommunikation
Quellenhofweg 25
33617 Bielefeld
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Quelle: ots

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