Baierbrunn (ots) –
Dass Gefühle sich unmittelbar auf die Herzgesundheit auswirken, wurde in der Medizin lange vernachlässigt
Lange herrschte in der Medizin die Vorstellung, dass das Herz einfach eine mechanische Pumpe ist. Dabei wirken Gefühle unmittelbar auf die Herzgesundheit – das wussten schon Ärzte im alten Ägypten vor über 3.500 Jahren. Heute knüpft die Psychokardiologie zum Nutzen der Patientinnen und Patienten an uralte Erfahrungen an, so das Gesundheitsmagazin „Apotheken Umschau“.
Broken-Heart-Syndrom durch Stresshormone
Besonders augenscheinlich ist der Zusammenhang zwischen Psyche und Herz beim sogenannten Broken-Heart-Syndrom. Anlässe für diese Überforderung des Herzens sind emotionale Ausnahmesituationen, der Tod eines geliebten Menschen, ein Unfall, manchmal auch übergroße Freude. Betroffen sind meist Frauen nach den Wechseljahren. Warum, ist unklar. Als sicher gilt dagegen, dass Stresshormone eine Rolle spielen, die bei Gefühlsextremen den Körper überfluten.
Noch vor einigen Jahren glaubte man, alle Risikofaktoren für Herz und Kreislauf zu kennen: Bluthochdruck, zu hohe Blutzucker- und Cholesterinwerte, Veranlagung – und natürlich der Lebensstil. Heute weiß man, dass ein wichtiger Bereich fehlte: „Psychische und soziale Faktoren machen etwa ein Drittel des Risikos aus“, sagt Professorin Christiane Waller, Leiterin der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Nürnberg Nord.
Ärztliche Leitlinien zur optimalen Behandlung
Neben Depressionen ist es vor allem zwischenmenschlicher Stress, der ans Herz geht. „Hier sind wir Menschen am verwundbarsten“, sagt Psychokardiologin Waller. Zudem weiß man, dass traumatische Ereignisse die sogenannten Stress-Achsen, die das Ausschütten von Stresshormonen regeln, dauerhaft verstellen können. Dies hat Effekte auf eine Reihe von Botenstoffen, unter anderem Cortisol. Nicht nur das Risiko für Bluthochdruck steigt. Auch das Immunsystem wird gehemmt. Das Blut gerinnt leichter, was Infarkte fördert.
Inzwischen findet man nicht nur an vielen Krankenhäusern und Reha-Kliniken Angebote, in denen die Verbindung von Herz und Psyche eine zentrale Rolle spielt. Ärztliche Leitlinien, die zu verschiedenen Herzkrankheiten die optimale Behandlung vorgeben, fordern explizit, die psychische und soziale Situation einzubeziehen. Kardiologinnen und Kardiologen werden auch in psychokardiologischer Grundversorgung geschult, zudem Fachpersonal aus Psychosomatik und Psychotherapie. Das zeigt: Die neue Herzmedizin ist wieder ganzheitlich – wie schon im alten Ägypten.
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