Freitag, Mai 3, 2024

Fachtagung „5 % bis 2040 – schaffen wir das? Führende Experten diskutierten zu effektiven Methoden zur Senkung der Raucher:innenquote in Deutschland

Frankfurt a.M. (ots) –

Die Gesundheitschancen der E-Zigarette für Raucher:innen zur Rauchentwöhnung werden in der deutschen Öffentlichkeit und selbst Fachöffentlichkeit weiterhin massiv unterschätzt. Dieses Fazit zogen die Referentinnen und Referenten beim 5. Symposium „5 % bis 2040 – schaffen wir das?“ – Erfolgversprechende Rauchentwöhnungsstrategien“ am 12.10.2022. Prof. Dr. Heino Stöver, Initiator der Fachtagung und geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung an der Frankfurt-University of Applied Sciences, resümierte:

„Nach wie vor wird das Schadensminimierungspotenzial der E-Zigaretten für Raucher:innen zur Rauchentwöhnung in der deutschen Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.“ Deutschland sei „Tobaccoland“ meint Prof. Dr. Heino Stöver. „Um es deutlich zu sagen: Wir sind ein Entwicklungsland, was die Tabakkontrolle angeht. Die Tabakkontrollpolitik in Deutschland ist wenig evidenz-basiert und ausdifferenziert in ihren Zielen. Meiner Meinung nach muss die Diversität in der Gesellschaft bei Rauchentwöhnungsstrategien adressiert werden. Eine One-size-fits-all Herangehensweise hilft hier nicht. Auch wenn ihr Ruf schlecht ist, E-Zigaretten und Tabakerhitzer können bei der Rauchentwöhnung massiv helfen – eine sachliche Aufklärung und entsprechende Mittelallokation tut dringend Not!“

Die wichtigsten Erkenntnisse der Fachtagung im Überblick:

In seinem Grußwort machte Dr. Artur Schroers, der Drogenbeauftragte der Stadt Frankfurt deutlich: „Es muss sowohl Möglichkeiten des Um- als auch des Ausstiegs geben. Mehr Menschen hören mit dem konventionellen Rauchen auf, wenn sie nikotinhaltige E-Zigaretten benutzen. Auch beim Rauchen müssen wir Abschied nehmen von ideologisch motivierten Wegen und Harm Reduction endlich berücksichtigen.“

Prof. Dr. Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie am Städtischen Klinikum Karlsruhe sagte: „Beim Ausstieg entscheidet sich ein signifikanter Anteil der Raucher für den Umstieg auf die E-Zigarette. Auch wenn die Rauchentwöhnung das Ziel bleibt, ist nach heutiger Datenlage der Umstieg auf die E-Zigarette eine der erfolgreichsten Methoden zum Erreichen einer Abstinenz von Zigarettenrauch. Dual Use (Konsum von sowohl E-Zigaretten wie auch gelegentlich Tabakzigaretten) kann dabei eine Hilfestellung sein. Entscheidend ist die Anzahl der gerauchten Zigaretten.“ Aus Sicht eines Gefäßmediziners sei es wichtig, dass diese reduziert werde.

Delon Human (Health Diplomats) unterstrich die Notwendigkeit, den Tobacco Harm Reduction-Ansatz in der nationalen Gesundheitspolitik zu verankern: „Tobacco Harm Reduction muss komplementär zur Tabakkontrollpolitik eingeführt werden, um die Tabakepidemie endlich in den Griff zu bekommen.“

Univ. Doz. Dr. Ernest Groman gab wertvolle Einblicke in seine Arbeit der Betrieblichen Gesundheitsförderung. Die zielorientierte Planung, Organisation und Durchführung von betrieblichen Rauchentwöhnungsprogrammen, die er im gesamten österreichischen Bundesgebiet in zahlreichen Betrieben durchführte, beschrieb er so: „Ziel ist es, den Patient:innen bei dem Umstieg auf ein weniger schädliches Produkt zu helfen. Jede Zigarette, die die nicht geraucht wird, ist ein Gewinn für die Patienten.“

Prof. Dr. Bernd Mayer vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaft an der Universität Graz meint, ein hoher Widerspruch im wissenschaftlichen Diskurs zu Nikotin liege in der Betrachtung von Nikotin. „Der Krieg gegen das Rauchen wird zum Krieg gegen das Nikotin und das, obwohl es keine Evidenz für erhöhtes kardiovaskuläres Risiko durch Nikotin gibt. Nikotin erhöht nicht das Risiko für Atherosklerose (Schlaganfall, Herzinfarkt). Raucher:innen sterben nicht an ihrer Abhängigkeit vom Nikotin, sondern an den toxischen Wirkungen von Tabakverbrennungsrauch.“

Dr. Konstantinos Farsalinos von der Universität Patras/Griechenland meint: „Verbannt man E-Zigaretten mit Geschmack, kommt das einem Verbot von E-Zigaretten gleich.“ Da diese in der Rauchentwöhnung weniger schädlich seien, wäre dies nicht zielführend. „Besonders für Erwachsene ist es in der Rauchentwöhnung wichtig, ihnen Alternativen mit Geschmack anzubieten.“ Aromen sollten daher nicht an den Rand gedrängt werden. „We have to accept: flavours are there for everyone“.

Simon Bauer vom Bundesverband Rauchfreie Alternative e.V. (BVRA): „Aus der Sicht unseres Konsumentenverbands gibt es Verständigungsschwierigkeiten zwischen Wissenschaft und Politik. Oft werden die Risiken von der Politik falsch eingeschätzt und Aussagen zu E-Zigaretten nicht ins Verhältnis zum schädlichen Konsum konventioneller Zigaretten gesetzt.“

Dr. Bernd Werse vom Centre of Drug Research der Goethe Universität Frankfurtresümierte aus vorläufigen Ergebnissen der jüngsten Untersuchung zu Rauchentwöhnungsmethoden, die wirklich helfen, der viel beachtenden „RauS-Studie“: „E-Zigaretten sind mittlerweile ein entscheidender Faktor, mit dem Rauchen aufzuhören. Unter allen Befragten gaben 81 % an, den Rauchausstieg mit Hilfe von E-Zigaretten angegangen zu sein.“

Prof. Dr. Heino Stöver bezeichnete das mit führenden Experten besetzte Online-Symposium als vollen Erfolg und kündigte für Ende 2022 eine Buchveröffentlichung zum aktuellen wissenschaftlichen Stand zu E-Zigaretten und Schadensminimierung an.

Ausschnitte des Symposiums sind in den nächsten Tagen auf dem YouTube-Kanal (https://www.youtube.com/channel/UC-Kcgvz8dNU7cTrxP0Mhqqw) von Prof. Dr. Heino Stöver zu finden und die Präsentationen auf dessen Website: www.frankfurt-university.de/isff.

Zum ISFF

Das Institut für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt University of Applied Sciences wurde 1997 ins Leben gerufen von Prof. Dr. Volker Happel, Prof. Dr. Dieter Henkel und Prof. Dr. Irmgard Vogt. Es sieht seine Aufgabe darin, Sucht in ihren verschiedenen Erscheinungsformen sowie die mit Sucht in Zusammenhang stehenden Probleme und Aspekte zu erforschen. Das Institut fördert den Ausbau von interdisziplinären Beziehungen zu Kooperationspartnern auf regionaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Forschungsprozesse und -resultate sollen in Lehre und Studium Berücksichtigung finden und nutzbar gemacht werden.

Seit dem Sommersemester 2009 ist Prof. Dr. Heino Stöver Professor (https://www.frankfurt-university.de/de/hochschule/fachbereich-4-soziale-arbeit-gesundheit/kontakt/professor-innen/heino-stover/) an der Frankfurt UAS (ehemals FH FFM), Fachbereich 4 – Soziale Arbeit und Gesundheit (Schwerpunkt Sozialwissenschaftliche Suchtforschung) und seit 1. September 2009 geschäftsführender Direktor des ISFF.

Pressekontakt:
Frankfurt University of Applied Sciences
Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit
Prof. Dr. Heino Stöver
Telefon: +49 69 1533-2823 und mobil: +49 162 133 45 33
E-Mail: [email protected]
Twitter: @HeinoStoever
Original-Content von: Prof. Dr. Heino Stöver – Sozialwissenschaftliche Suchtforschung, übermittelt durch news aktuell
Quelle: ots

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